Das letzte Interview mit Hugh Hefner
 
Im Jahr 2011 lud Playboy-Gründer Hugh Hefner den deutschen Playboy nach Los Angeles - zum großen Gespräch über Revolutionen, ewige Träume und die Frauen seines Lebens.
 
Viele Stufen führen in den Olymp. Erst entkommen wir den Blechlawinen auf dem Wilshire Boulevard, biegen in die grünen Holmby Hills ab. Dort lassen wir die Golfspieler im Los Angeles Country Club rechts und die weiß gekleideten Rasen-Bowler im Holmby Park links liegen. Und rollen eine Nebenstraße bergauf, zwischen Villen, Toren, Palmen hindurch, bis der Wagen nach mehreren Kurven in den Schatten haushoher tropischer Bäume und Hecken taucht. Das Sträßchen ist mittlerweile menschenleer. Die Stille: nur unterbrochen durch die spanischen Gesänge eines Gärtners.
 
In einer steilen Kurve halten wir vor einem unscheinbaren Eisentor. Daneben liegt am Boden ein dicker runder Stein. „Sie müssen in den Stein sprechen“, hatte Hugh Hefners Empfangsdame empfohlen. Wir sprechen in den Stein. Das Tor schwingt auf. Zwischen Büschen und Statuen, beäugt von Pfauen und Kranichen, kriecht der Wagen eine verwunschene Einfahrt hinauf zu einem Brunnenrondell, wo uns mit breitem Lächeln Rick empfängt, der Security-Mann, stämmig, schwarzhaarig, Texaner mit festem Händedruck. Einer von 80 Angestellten. Er bittet in die Vorhalle der Mansion.
 
Im Garten errichten Mitarbeiter gerade ein Partyzelt von Zirkusmaßen. Wir folgen Rick in Hefners Living Room - dunkles Holz, Clubsofas vor einer Kinoleinwand, eine Kirchenorgel - und von dort weiter in die Bibliothek. Playboy-Bände in Leder, Bücher, Backgammon-Tische, Bilder von Hef mit seinen Liebsten und Schönsten und im Fenster eine Büste: Barbi Benton, Hefs Freundin von 1968 bis 1976, modelliert vom Künstler Frank Gallo. Daneben ein Modell des Hefner’schen Privatflugzeugs „Big Bunny“.
 
Wir studieren die Bilder, da lösen sich Umrisse aus dem Schummerlicht des Nebenraums - und es tritt schnellen Schrittes ein: Hef. Kantig, wendig, im Seidenpyjama, mit hellwachen Augen und sehr kräftiger Stimme - eine äußerst lebendige Ikone. „Herzlich willkommen!“ Er reicht die Hand, und wir überreichen ihm eine bayerische Lederhose. „Is it for yodeling?“ (Ist die zum Jodeln?) - Er lacht so überraschend laut und schallend, dass wir’s gleich noch mal hören wollen. Also legen wir nach:
 
Playboy: Und das ist für Ihre Verlobte Crystal, ein echtes Dirndl. Kennen Sie das?
Hefner: Nein. Sehr schön, sehr gut.
 
Hef wird vom Geräusch einer zuschlagenden Wagentür abgelenkt. Draußen am Brunnen steigt eine Familie mit Kind in ein Auto.
 
Hefner: Kendra - kennen Sie sie? Von der TV-Serie „The Girls Next Door“ mit Holly, Bridget und Kendra. Kendra und ihr Mann und das Baby waren eben hier. Sie fahren gerade nach Hause.
 
Playboy: Hef, es ist uns ein großes Vergnügen, ebenfalls hier sein zu dürfen . . .
Hefner: Ganz meinerseits.
 
Playboy: . . . und wir haben eine Menge Fragen mitgebracht.
Hefner: Ich habe ein paar Antworten.
 
Wir setzen uns. Hef aufs Sofa vor der Barbi-Benton-Büste, wir in die Sessel ihm gegenüber. Zwischen uns ein Backgammon-Tisch.
 
Playboy: Lassen Sie uns über Ihren 85. Geburtstag sprechen. Wie man hört, feiern Sie in Las Vegas. Warum nicht hier in der Mansion?
Hefner: Wir haben am Tag davor, am 8. April, hier eine Feier im kleineren Freundeskreis. Jedes Jahr an meinem Geburtstagswochenende veranstalten wir eine „Casablanca Night“ und schauen meinen Lieblingsfilm an, „Casablanca“ mit Humphrey Bogart. Dazu kleiden wir uns im Stil der 40er-Jahre. Dann wechseln wir ins Esszimmer, das wie „Rick’s Café“ dekoriert wird, zu Champagner und Kaviar bei Kerzenlicht, alles sehr romantisch. Am 9. April fliegen wir alle zusammen - meine beiden Söhne, Crystal, mein Bruder und ich - nach Las Vegas, wo die größere Party stattfindet. Dort ziehen sie für einen solchen Event wirklich alle Register.
 
Playboy: Ihr Sohn Marston wird am selben Tag 21. Sie feiern zusammen Geburtstag. Seine Freunde, Ihre Freunde, sein Musikstil, Ihr Musikstil, passt das zusammen?
Hefner: Na ja, natürlich klafft da eine Generationslücke, aber ich würde sagen, wir haben ein sehr gutes Vater-Sohn-Verhältnis. Wissen Sie, im Prinzip bin ich alt genug, um Großvater zu sein, aber keines meiner Kinder hat selbst Kinder.
 
Playboy: Wie viel Ähnlichkeit besteht zwischen Ihnen und Ihren Söhnen Marston und Cooper?
Hefner: Sie sehen mir sehr ähnlich. Ich mache ihren Freunden gegenüber gern Witze, das sei Teil der vorehelichen Einigung (mit Kimberley Conrad, verheiratet mit Hef von 1989 bis 2010, getrennt seit 1998, d. Red.) gewesen, dass meine Kinder wie ich aussehen. Sie ähneln mir auch in der Persönlichkeit. Marston ist mehr die ernste Seite, Cooper mehr die kreative.
 
Playboy: Was sind die Unterschiede zwischen Ihnen und Ihren Söhnen?
Hefner: Rund 60 Jahre, würde ich sagen.
 
Playboy: Wer wird außerdem noch zu Ihrer Geburtstagsparty eingeladen?
Hefner: Keine Celebrities, aber gute Freunde werden da sein.
 
Playboy: Und wer wird nicht da sein?
Hefner: (lacht)...
 
Playboy: Holly Madison, Ihre Ex-Hauptfreundin aus den Jahren 2002 bis 2009 zum Beispiel, hat sich ja nicht gerade begeistert über Ihre Verlobung mit Crystal geäußert. Sie twitterte, dass sie hofft, Crystal werde Ihnen nicht das Herz brechen.
Hefner: Dass Crystal mir das Herz bricht, diese Gefahr besteht allerdings nicht. Sie betet mich an, und ich denke, unsere Ehe wird sehr glücklich werden.
 
"Ich habe keine Angst, verletzt zu werden. Ich bin zu oft in den Krieg gezogen"
 
Playboy: Könnte das jemand: Ihnen das Herz brechen?
Hefner: Ich glaube, wenn man verliebt ist, besteht immer die Möglichkeit, dass einem das Herz gebrochen wird. Ich bin Romantiker, und meine Bereitschaft, diesen Schritt nach zwei gescheiterten und unglücklichen Ehen noch einmal zu wagen, zeigt, dass ich mir ein offenes Herz bewahrt habe. Wenn man diese Verletzlichkeit einbüßt, büßt man an Lebensfähigkeit ein. Denn sie gehört nun mal zum Leben dazu.
 
Playboy: Wer hat Ihr Herz gebrochen?
Hefner: Meine erste Frau, würde ich sagen. Die Tatsache, dass das Mädchen, das ich heiraten wollte, kurz vor unserer Hochzeit eine Affäre hatte, hinterließ Spuren. Millie (Mildred Williams, verheiratet mit Hef von 1949 bis 1959, d. Red.) und ich gingen zusammen zur Schule. Wir verlobten uns und hatten vor zu heiraten. Ihre Affäre war sicherlich die niederschmetterndste Erfahrung in meinem Leben. Und ich denke, der Grund, warum ich später nicht in einer monogamen Beziehung sesshaft wurde, sondern mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte, war ganz sicher eine Art Schutzhaltung. Nach dem Motto: Nur wenn du nicht alles auf eine Karte setzt, wirst du nicht verletzt. Aber ich muss ehrlich gestehen, das andere Leben kann auch Spaß machen.
 
Playboy: Sie haben keine Angst davor?
Hefner: Verletzt zu werden? Nein. Ich bin zu oft in den Krieg gezogen.
 
Playboy: Wann genau heiraten Sie?
Hefner: Am 18. Juni hier in der Mansion.
 
Playboy: Wie merken Sie eigentlich, dass ein Mädchen mehr ist als eine Affäre?
Hefner: Es gibt diese besonderen Momente. Ich weiß nicht, wie es bei anderen ist, aber wenn ich mich verliebe, geht es meist sehr schnell. Mit Crystal war ich anfangs ganz bestimmt nicht auf der Suche nach einer Zweierbeziehung. Aber dann gingen wir zwei, drei Wochen miteinander aus, und ich dachte: Das hier ist etwas Besonderes. Und von da hat sich alles eingegroovt.
 
Playboy: Waren Sie auch mal in ein deutsches Mädchen verliebt?
Hefner: Oh ja, ja, definitiv. Eine meiner frühen Freundinnen Anfang der 60er-Jahre hieß Christa Speck. Sie war Deutsche. Ich bin mir nur nicht sicher, ob sie auch in Deutschland geboren wurde. Sie war ein sehr populäres Playmate.
 
Playboy: Gibt es ein deutsches Playmate oder Mädchen aus den letzten Jahren, das Sie favorisieren?
Hefner: Oh, das weiß ich nicht. Wir müssten sie aufreihen und der Frage nachgehen, welche von ihnen Deutsche ist.
 
Playboy: Kennen Sie Heidi Klum?
Hefner: Nein, kenne ich nicht. Aber klar weiß ich, wer sie ist. Es wäre sicher nett, sie in meinem Freundeskreis zu haben.
 
Playboy: Haben Sie je von Alice Schwarzer gehört, der deutschen Feministin?
Hefner: Nein.
 
Playboy: Könnten Sie sich vorstellen, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in die Mansion einzuladen?
Hefner: Klar kann ich mir das vorstellen. Über die Jahre waren hier viele Politiker zu Gast, amerikanische, aber auch welche aus anderen Ländern.
 
Playboy: Hat Barack Obama Sie schon einmal hier besucht?
Hefner: Obama war noch nie hier. Aber weil er aus Illinois ist, war meine Tochter Christie aktiv in seinem Wahlkampf. Ich bekomme Weihnachtskarten von ihm.
 
Playboy: Haben Sie ihn mal eingeladen?
Hefner: Nein.
 
Playboy: Wäre vielleicht eine Idee.
Hefner: Der hat genug Probleme im Moment. Ich werde warten müssen, bis er aus dem Amt ist. Aber gewählt habe ich ihn.
 
Hef spricht so schnell und präzise, als habe er lauter Antworten und warte nur auf die passenden Fragen. Sein Blick ist aufmerksam, direkt, auffordernd: Was kommt als Nächstes, Jungs? Also fragen wir doch mal direkt nach: Wozu, warum um alles in der Welt will, muss, sollte einer wie er noch mal heiraten?
 
Playboy: Sie haben Holly Madison Ihre „ganz große Liebe“ genannt, sie aber nicht heiraten wollen, was verständlich war nach zwei gescheiterten Ehen. Und jetzt heiraten Sie doch noch ein drittes Mal - warum? Was ist passiert?
Hefner: Ich glaube, die Entscheidung zur Ehe hat mit dem richtigen Mädchen und der richtigen Zeit zu tun. Bei Holly war ich rechtlich noch mit Kimberley Conrad verheiratet. Und ich wollte mich nicht eher scheiden lassen, bis meine Jungs aus der Schule waren. Das Timing spielte also eine Rolle. Aber ich denke auch, Holly hatte andere Ambitionen. Sie ging nach Las Vegas und wurde dort zu einem Phänomen. Sie ist praktisch Miss Las Vegas. Crystals Traum dagegen hat ausschließlich mit uns beiden zu tun. Mit anderen Worten: Sie ist sehr häuslich und möchte nur dafür sorgen, dass ich glücklich bin. Und das ist im Prinzip, was sich jeder Mann von einer Beziehung wünscht.
 
Playboy: Klingt perfekt - und der Zeitpunkt passt wegen Ihrer Söhne?
Hefner: Richtig. Meine Jungs und Crystal haben ein enges Verhältnis. Ihre Mädchen sind mit Crystal befreundet. Das liebe ich. Bei Holly war es nicht so. Holly hatte immer dieses Konkurrenzdenken. Sie sprach nie gut über Kimberley (die Mutter der Jungen, d. Red.), weshalb die Jungs nicht sehr nett zu ihr waren. Ich finde es herrlich, wie es jetzt ist. Die perfekte Familie.
 
Playboy: Wer wird im Familienunternehmen Playboy Ihr Nachfolger sein? Marston oder Cooper oder beide?
 
"Mit drei Freundinnen ist es leichter als mit einer Frau. Mit sieben gab es kleine Dramen"
 
Hefner: Ich denke, wir haben den Erfolg in der Hand. Unser Name hat Ikonen-Charakter, und wir wären blöd, wenn wir den nicht nutzten. Beide Jungs zeigen Interesse - Marston mehr an der geschäftlichen Seite, Cooper mehr an der kreativen. Für beide gibt es also genug Raum, denke ich. Haben Sie die Fotos von uns im „People Magazine“ gesehen? Ich zeige sie Ihnen. Im Prinzip ist es eine fotografische Antwort auf Ihre Frage. Einen kleinen Moment.
 
Hef steht auf, eilt hinaus und kommt mit der ersten Februar-Ausgabe 2011 von „People“ wieder. Er zeigt: ein aktuelles Foto von Marston mit dessen Freundin Claire Sinclair, 19, und eins von Hef 1973 mit seiner damaligen Freundin Barbi Benton. Der Witz: Auch die Frauen - das Oktober-2010-Playmate Claire und das Cover-Model von 1969, Barbi, sehen einander ähnlich wie Zwillinge.
 
Playboy: Sehr cool. Gefällt’s Ihnen?
Hefner: Ich liebe es. Auf dem Tisch in der Eingangshalle steht auch ein Foto von Marston und Claire - und daneben ein Foto von Cooper mit seiner Freundin.
 
Playboy: Wo wir gerade bei Ihren Söhnen sind: Cooper hat gesagt, dass er dem Playboy seinen Retro-Klasse-Stil zurückgeben will. Was heißt das?
Hefner: Ich denke, es heißt genau das, was ich auch will, nämlich auf zeitgemäße Art diese besondere Retro-Qualität neu beleben, die den Playboy immer ausgemacht hat. Tatsache ist, dass der Playboy von Anfang an retro war, wenn man darunter die Wertschätzung des Besten versteht, das die Vergangenheit zu bieten hatte - bezogen auf Stil, Popkultur und so weiter. Was die Kleidung, was die Musik und alles andere betrifft, gibt es ein Kaleidoskop wunderbarer Dinge aus der Vergangenheit, aus dem man wählen kann.
 
Playboy: Ist das die künftige Richtung des Playboy?
Hefner: Ja, ich denke schon. Das ist auch Teil meiner Intention bei der Privatisierung der Firma. Wir besinnen uns auf unsere Ursprünge, betonen wieder mehr die romantische Seite, wenn man so will.
 
Playboy: Aber Playboy war doch immer auch Rebellion: gegen Puritanismus, gegen sexuelle Heuchelei. Von diesen alten Feinden sind im Zuge der sexuellen Befreiung nicht viele übrig geblieben, oder?
Hefner: Sie meinen, dass wir den Krieg gewonnen haben? Nun, das stimmt. Aber gleichzeitig verlangt Freiheit, wie Thomas Jefferson mal gesagt hat, ewige Wachsamkeit. Es gibt immer konservative und repressive Enklaven - auf der ganzen Welt, und ganz klar auch in Amerika. Die Einstellung zu Nacktheit ist in Amerika nach wie vor sehr ambivalent. Die Amerikaner sind sehr neugierig, aber sie sind auch ein puritanisches Volk geblieben. Wir zelebrieren hier unsere Sexualität und fühlen uns dann schuldig. Wenn Leute von TV-Sendern kommen und mich hier interviewen, verrücken sie garantiert diese Statue hinter mir. Ich würde sagen, neun von zehn Malen wird an dieser Statue gerückt.
 
Die barbusige Barbi-Benton-Büste lächelt über seine Schulter.
 
Playboy: Sie ist hinreißend.
Hefner: Finde ich auch.
 
Playboy: Wie also würden Sie den Status quo der sexuellen Revolution 2011 beschreiben?
Hefner: Nun, ich denke, wir sind auf alle Fälle viel freier geworden als damals, als ich mit dem Playboy anfing. In diesem Sinne war die sexuelle Revolution eine sehr erfolgreiche Sache. Damals war es unmoralisch, wenn ein Paar vor der Ehe zusammenlebte. Und sexuelle Aktivitäten außerhalb der Ehe waren in den meisten Bundesstaaten illegal. All das hat sich drastisch geändert, und wir glauben, zu diesen Veränderungen beigetragen zu haben. Der Playboy war - ich sage das mit einigem Stolz - sehr stark beteiligt an der Änderung mancher Gesetze hier in Amerika. Die Gerichte, die Frauen das Recht zusprachen, in Bezug auf Abtreibung selbst zu wählen, waren unsere Freunde. Sie zogen uns gewissermaßen zu Rate. Gleichzeitig gibt es aber nach wie vor Kontroversen. Es kann dir passieren, dass du in einem Flugzeug den Playboy aufschlägst und von der Stewardess gebeten wirst, ihn wegzutun.
 
Playboy: Nicht in Deutschland. Wir haben eine Kooperation mit der zweitgrößten Airline, Playboy und Air Berlin. Man bekommt im Flieger den Playboy zu lesen.
Hefner: Sehr gut. Es gibt eine Reihe von Ländern in Europa, Deutschland inbegriffen, die viel freizügiger sind als Amerika. Amerika hat immer noch diesen puritanischen Touch. Eine seltsame Sache, das Internet ist voll mit Hardcore-Pornografie, und andererseits ist da diese ambivalente Haltung.
 
Playboy: Wie denken Sie über die jüngeren Generationen? Könnte man sie als „oversexed and underfucked“ beschreiben?
Hefner: Weiß ich nicht. Kriegen sie es nicht oft genug? Ich selbst kann mich nicht beklagen. Das einzige Problem, das ich mit den jüngeren Generationen habe, ist mein Eindruck, dass sie sich nicht genügend bewusst sind, was vorher war. Man weiß seine Freiheit und Identität nicht voll zu schätzen, wenn man kein Gefühl für die Vergangenheit hat.
 
Playboy: Der Retro-Auftrag des Playboy, kulturhistorische Erziehung, sexuelle Befreiung - das ist eine Menge. Welches wäre denn ein angemessenes Hef-Label: Großer Emanzipator? Rebell? Journalist? Kämpfer für Menschenrechte? Sex-Ikone?
Hefner: Nehme ich alle.
 
Playboy: Dann bitte: Wie lautet Ihre Botschaft an den Papst?
Hefner: Ich denke, die wichtigste Botschaft an den Papst wäre wohl, dass die Kirche ihre Position zum Thema Geburtenkontrolle überdenken muss. Es leben zu viele Menschen auf diesem Planeten. Mit der Überbevölkerung einfach weiterzumachen ist nicht moralisch.
 
Playboy: Was hätten Sie gemacht, wenn nicht Playboy? Politik?
Hefner: Nein, nein. (lacht) Dieses Leben könnte ich nicht führen. Es hätte mich vermutlich nach Südkalifornien gezogen, und ich wäre irgendwie ins Filmbusiness eingestiegen. Es gibt aber keinen Zweifel, dass ich nichts auf der Welt lieber täte als das, was ich tue. Was die Realisierung meiner Träume betrifft, bin ich der glücklichste Kerl auf der Welt.
 
Playboy: Kein Zweifel. Was muss ein Mann eigentlich tun, damit Sie ihn in die Mansion einladen?
Hefner: Aus gutem Hause zu kommen schadet nicht, schätze ich. Oder er müsste es irgendwie zu Prominenz gebracht haben und jemand sein, den man gern kennen lernen möchte.
 
Playboy: Keith Richards gesteht in seiner Biografie, er habe in der Mansion mal etwas in Brand gesteckt. Was war es?
Hefner: Keith Richards? Ich weiß es nicht mehr. Wissen Sie, die Rolling Stones verbrachten eine Woche in der Mansion. Und davon war Keith die meiste Zeit stoned.
 
Playboy: Laden Sie ihn immer noch ein?
Hefner: Oh ja, er ist jederzeit willkommen. Mick sehe ich allerdings öfter als Keith.
 
Playboy: Wer war Ihr schlimmster Gast?
Hefner: Keine Ahnung. Wenn ich es mal wusste, habe ich es verdrängt. Allgemein wissen sich die Leute zu benehmen, wenn sie hier sind. Wir sind schließlich ein sehr exklusiver Club.
 
Playboy: Wer ist Ihr liebster Gast?
Hefner: Pam Anderson vielleicht.
 
Playboy: Wie oft schaut sie vorbei?
Hefner: Wir sehen sie mehrmals im Jahr, sie ist eine sehr liebe Freundin. An Pam hat mich immer eine Sache beeindruckt: Wir haben ihr geholfen, bekannt zu werden, und sie hat uns das nie vergessen.
 
Playboy: Wer schickt eigentlich mehr Fanpost und Fragen via Twitter, Frauen oder Männer?
Hefner: Von Frauen kriege ich mehr. Was mich an der ganzen Internet-Geschichte erstaunt, ein seltsames Phänomen, wirklich, ist: Ich bekomme pro Woche mehrere eindeutige Angebote von Mädchen aus allen Winkeln der Welt. Junge Frauen, die meine Freundin werden wollen.
 
Playboy: Manchmal scheint es auch, als täten Sie den ganzen Tag nichts anderes als zu twittern.
Hefner: (lacht) Das ist nur ein Eindruck. Wissen Sie, manchmal finde ich eine Stunde am Tag, in der ich sehr viel twittere, und dann sieht es aus, als würde ich es die ganze Zeit tun. Letzten April hat mir Crystal einen iPad zum Geburtstag geschenkt, auf dem schreibe ich all meine Tweets.
 
Playboy: Wie sieht eine typische Woche bei Ihnen aus? Montag Männerabend, Dienstag Familienabend, Mittwoch Kartenabend, Donnerstag Ausgehabend und so weiter. Ist das noch so?
Hefner: Ja, im Großen und Ganzen. Montag kommen meistens die Jungs vorbei. Wir essen etwas und sehen uns Filme an. Dienstag ist nicht mehr Familienabend, sondern Spieleabend mit den Mädchen. Früher spielten wir Domino oder Uno. Das steht auch heute Abend auf dem Programm. Mittwoch ist der Abend mit meinem Bruder und ein paar Männerfreunden. Donnerstags gehe ich manchmal in einen Club oder bin mit Crystal zusammen. Freitag und Samstag sind Casablanca-Abende - wir sehen uns mit guten Freunden alte Filme an. Sonntagnachmittag kommen ein paar Mädchen rüber, und bei gutem Wetter haben wir am Pool Spaß in der Sonne. Bei nicht so gutem Wetter gehen wir ins Game House. Abends kommen dann Freunde vorbei, es gibt ein Büfett, und wir lassen einen neuen Film laufen. Und schon ist wieder Montag.
 
Playboy: Wohnen außer Crystal noch Mädchen in der Mansion?
Hefner: Nur Crystal wohnt hier fulltime.
 
Playboy: Früher waren es bis zu sieben Mädchen, richtig?
Hefner: Ja, es gab eine Zeit, da waren es sieben.
 
Playboy: War das manchmal stressig?
Hefner: Manchmal. Aber mit der Zahl hat das nichts zu tun, sondern mit der Persönlichkeit der Mädchen. Ich habe mal gesagt, dass man leichter mit drei Freundinnen klarkommt als mit einer Ehefrau. Aber als es sieben wurden, gab es Eifersüchteleien und ein paar kleine Dramen. Deshalb habe ich auf drei verringert. Das hatte auch damit zu tun, dass ich gerade Kendra kennen gelernt hatte und sie nicht verderben wollte. Also habe ich die anderen weggeschickt, Holly und Bridget behalten und Kendra dazugeholt. Das waren die drei Girls, mit denen ein Jahr nach ihrer Ankunft die Reality-Show („The Girls Next Door“ d. Red.) gedreht wurde.
 
Playboy: Sind Sie damals, als sieben Mädchen in der Mansion wohnten, in manchen Nächten ausgezogen, um ein bisschen Ruhe und Frieden zu haben?
Hefner: Nun, jedes Mädchen hatte sein eigenes Zimmer. Mit anderen Worten: Jeweils nur eine übernachtete mit mir. Sie besuchten mich also, wir machten Party, und dann gingen sie wieder auf ihre Zimmer. Die Leute denken manchmal, hier wäre die ganze Zeit Party. Das stimmt nicht. Es ist ein großes Haus, und wenn ich Ruhe und Frieden haben will, klappt das auch.
 
Playboy: Das Haus gehört Ihnen jetzt seit 40 Jahren, nicht wahr?
Hefner: Seit 1971, ja. Die Original-Mansion war ja in Chicago.
 
Playboy: Haben Sie in den 40 Jahren jemals an Umzug gedacht?
Hefner: Nein, ich habe dieses Anwesen immer geliebt. Es ist perfekt für mich, umgeben von zwei Hektar Land. Es ist der Familiensitz eines noch viel größeren Grundstücks, das ursprünglich mal eine Ranch war. Mitte der 20er-Jahre wurde die Ranch in Holmby Hills und Redwood Village aufgeteilt und in einen Golfplatz-Sektor. Und hier ist das Herrenhaus. Es ist das schönste Grundstück Südkaliforniens.
 
Playboy: Wer sind Ihre Nachbarn?
Hefner: Keine Ahnung.
 
Wenn das Diskretion ist, dann die am lockersten verpackte der Menschheitsgeschichte. Von Hef lernen heißt, auf alles eine Antwort haben. Ein guter Moment also für die großen, wirklich wichtigen Fragen.
 
Playboy: Sind Männer für Monogamie geschaffen?
Hefner: Nein, ich denke nicht, dass das ein natürlicher Zustand ist. Von der Natur ist es vorgesehen, dass wir unseren Samen breit streuen. Die Monogamie ist in meinen Augen nur eine Erfindung, mit der Stabilität in Beziehungen gebracht werden soll, damit Kinder stabil aufwachsen. Manchmal funktioniert sie, manchmal nicht.
 
"Monogamie ist in meinen Augen nur eine Erfindung, damit Kinder stabil aufwachsen"
 
Playboy: Können Sie uns fünf Dinge nennen, die jeder Mann in seinem Leben erreichen sollte?
Hefner: Nun, was das Private betrifft: glücklich und erfolgreich sein. Ich denke, ein Mann sollte immer an seinen frühen Träumen festhalten. In der Gesellschaft gibt es viele Dinge, die einen zur Konformität treiben und dazu, Hoffnungen und Träume aufzugeben. Die Verwirklichung von Träumen schafft man, indem man fokussiert bleibt und arbeitet. In meinen frühen Jahren war ich ein Workaholic, wissen Sie. Und ein gutes Leben ist auch von einer guten Beziehung abhängig - zu jemandem vom anderen oder vom eigenen Geschlecht, je nach Vorliebe. Denn ich denke, unsere Reise verläuft glücklicher mit einem Co-Piloten.
 
Playboy: Sind Sie ein Träumer?
Hefner: Absolut. Den Playboy gäbe es nicht, wenn ich kein Träumer wäre. Wie Sie sicher wissen, besaß ich nichts, als ich mit dem Magazin anfing. Ich war nicht sehr glücklich in meiner Ehe, arbeitete für einen Hungerlohn, und es kam der Moment, in dem ich mich fragte, ob das wohl alles wäre. Wenn das alles ist, dachte ich mir, dann wird mein Leben einfach eine Kopie des Lebens meiner Eltern. Gleich in den nächsten Tagen fing ich an, Pläne für den Playboy zu machen. Und ich stampfte ihn quasi ohne einen Cent aus dem Boden. Ich hatte 600 Dollar eigenes Geld, lieh mir etwas bei einer kleinen Bank, meine Möbel waren die Kaution, überredete Freunde und Verwandte, die ich anpumpen konnte, und brachte insgesamt 8000 Dollar zusammen. Ich fand eine Druckerei und ließ die erste Ausgabe drucken. Mein Geld reichte nur für diese eine Ausgabe. Aber das Heft fand sofort Absatz, reiche Leute boten mir ihre finanzielle Unterstützung an, und daraus entstand ein ganzes Imperium.
 
Playboy: Was also war oder ist die beste Zeit Ihres Lebens?
Hefner: Offen gestanden war ich nie glücklicher als im Moment. Alles fügt sich auf wunderbare Weise zusammen. Ich liebe Happy Ends in Filmen, und ich finde, dass mein Leben auf ein sehr glückliches Ende zugeht. Dass ich in der Lage bin, die Firma wieder zu privatisieren und die Kontrolle über mein Schiff zu übernehmen, dass ich Crystal getroffen habe, dass ich heiraten werde, meine Jungs so nah bei mir habe - all das geschieht in diesem Jahr, das obendrein im chinesischen Kalender das Jahr des Hasen ist.
 
Playboy: Unser Jahr!
Hefner: Mehr als das!
 

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